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Lebendiges Wirken in stimmigen Bildern

Rüegsauschachen Der Biembacher Künstler Christian Siegenthaler stellt seine Tuschezeichnungen aus

Der Biembacher Künstler Christian Siegenthaler stellt derzeit in der «Gallery» in Rüegsauschachen aus und beweist damit, dass die Zeichenkunst wieder in Mode ist. Er zeigt auch, weshalb ein Lehrer ganz und gar nicht ausgelernt hat.

Gabrielle Steiner

Stand die Zeichenkunst in der Renaissance in ihrer Hochblüte, erlebt sie derzeit so etwas wie eine Wiedergeburt. Dies ist abzulesen an vielen international ausgeschriebenen Zeichenwettbewerben und lässt sich auch ganz regional feststellen, was die soeben eröffnete Ausstellung von faszinierenden «naturgetreuen Darstellungen mit dem Tuschestift» des Biembacher Künstlers Christian Siegenthaler in der Galerie der Bilderbörse Gallery in Rüegsauschachen beweist.

Einen halben Millimeter breit

«Tausende von dünnen Strichlein ergeben mit der Zeit das Bild», beschreibt Zeichenkünstler Christian Siegenthaler sein Wirken. Es sei wie im richtigen Leben. Wenn man auch den Schattenseiten Aufmerksamkeit schenke, komme das Licht, die Lebendigkeit und die Bewegung besser zur Geltung.
Er setzt unzählige haarfeine Strichlein (mit dem 0,1-Millimeter-Tusche-Stift) - eines neben das andere. Er markiert in seinem schöpferischen Schaffen vielfach eher die Zwischenräume, wodurch wie durch Zauber dann das Eigentliche mehr hervortritt.
Wenn Christian Siegenthaler daheim zum Feldstuhl, Tuschestift und Zeichenblock greift, heisst das, er wird in die Emmentaler Landschaft eintauchen und da seine Motive aufs weisse Blatt bannen. Es sind die schönen, von der Sonne beschienenen Tage, die er dafür nutzt. Die Belichtung scheint ihm dann für seine gestalterische Arbeit am geeignetsten.

Die Bemerkung des Lehrers

Bis Ende des Schuljahres 2003 stand Christian Siegenthaler als Lehrer im Schuldienst, fünf Jahre im Brüschhüsli Lauterbach und 35 Jahre im Biembach. So hatte er neben anderen Unterrichtsfächern mit dem Zeichnen stets diesen Draht zum Gestalterischen. Doch erst nach seiner Pensionierung fand er Zeit, bei Urs Twellmann einen Malkurs mitzumachen. «Typisch Lehrer. Er kennt viele Zeichen- und Maltechniken, keine ist jedoch gefestigt, geschweige denn ausgereift».
Diese Bemerkung Twellmanns und jene eines älteren Kursteilnehmers, der sich jeweils ein schönes Plätzchen aussuchte und mit grosser Ausdauer unzählige Tuschestrichlein aufs Zeichenpapier auftrug, zeigten Siegenthaler, wie die ihm entsprechende Ausdrucksweise aussehen könnte. Dieses Spiel mit dem Licht und dem Hell-Dunkel mit Linien faszinierten ihn. Er begann, an seiner ureigensten künstlerischen Handschrift zu feilen.

Detailgetreue Wiedergabe

Der Prozess des Lernens geht für den Zeichenmeister auch als Autodidakt weiter. Trotz der fast punktuellen, linientreuen Genauigkeit - was penibel wirken könnte - seines künstlerischen Arbeitens vermitteln die Gemälde eine besondere Ausstrahlung - geprägt vom Zusammenhang des grossen Ganzen und Offenheit gemischt und verwoben mit der detailgetreuen Wiedergabe. Christian Siegenthalers Kunst ist das Ergebnis des reinen Sehens, der Wahrnehmung, des Erspürens, was hinter den Dingen ist und wirkt.
Er passt sich den Bedingungen an, nutzt sie, analysiert, filtert Ästhetik und Harmonie der Dinge heraus, doch nimmt er ebenso einen abgebrochenen Ast, eine dem Zerfall nahe Scheune ins Visier. Es sind all die Dinge und Konstellationen, welche die Charakteristik einer Emmentaler Landschaft ausmachen, und dies, wohlverstanden, bar jeder Sentimentalität oder Schönfärberei.

Die dritte Ausstellung

An der Ausstellung in der «Gallery» fanden sich am vergangenen Wochenende trotz des wunderschönen Frühlingswetters an die hundert Vernissage-Gäste ein und gingen staunend und bewundernd von Bild zu Bild. «Das muss man einfach gesehen haben», war sich das ältere Ehepaar durchaus einig. Das sei «ihr» Waldweg, da gingen sie immer wieder «zum Laufen» hin. Emmentaler Landschaften und Auszüge daraus sind Christian Siegenthalers Zeichen-Lieblinge. Er hat eine - für den Laienbetrachter - ausgewogene Art, die Dinge darzustellen.
Wenn er auch manchmal da und dort noch etwas besser machen möchte, das Bild seinem ästhetischen Empfinden und seinem ausgeprägten Sinn für Harmonie noch nicht ganz entspricht, ist sein Publikum längst begeistert. Diese mit 57 Originalbildern, einigen Bilder-Kopien und Karten mit Couvert ausgestattete Präsentation ist sein drittes An-die-Öffentlichkeit-Treten. Es freut ihn besonders zu erleben, wie er anderen Menschen mit seiner Kunst eine Freude bereiten kann.

Die Ausstellung Christian Siegenthalers in der Bilderbörse Gallery, Rüegsauschachen, dauert bis 24. April. Öffnungszeiten: Donnerstag, Freitag, Sonntag je 14 bis 17 Uhr, Samstag 10 bis 12 Uhr und 13 bis 16 Uhr.

07.04.2005 06:03

Artikel im Internetauftritt der Berner Rundschau >>> Zurück zum Inhaltsverzeichnis